Das Denken
Das Oberhaupt
Auf die Frage, was Urvertrauen ist, hat der Maler, Hans Thoma, in seinen Versen eine feine Erklärung gefunden:
Ich komm, weiß nicht woher,
ich bin und weiß nicht wer,
ich leb`, weiß nicht, wie lang,
ich sterb`, und weiß nicht wann,
ich fahr`, weiß nicht wohin:
mich wundert`s, dass ich so fröhlich bin.
Da mir das Sein so unbekannt,
geb` ich mich ganz in Gottes Hand –
die führt es wohl, so her wie hin.
Mich wundert`s, wenn ich noch traurig bin.
Goethe hat in seinem „Faust“ die vielfältige Leistung des strebenden Menschen teilweise ganz offen, teilweise ganz symbolisiert zum Verständnis bringen wollen.
Dabei ist es ihm gelungen mit der Kraft, die er im hohen Maße besaß und die jeder Mensch entwickeln muss, wenn er in die Tiefe der inneren Welt eindringen will, mit der Helioda, die in der Interpretation durch Integrationskraft deutlich wird, eine Zusammenschau der Kraftanstrengungen zu schaffen.
Alle inneren, geistigen Antriebe kommen am Oberkopf physiognomisch zum Ausdruck. In der Evolution hat der Frühmensch die geistigen Verarbeitungszentren der Unterstirn zum Überleben gebraucht. Er hat die Natur beobachtet und die gewonnenen Einsichten genutzt, um die Wende der Lebensnot, die „Notwendigkeit“ zu finden. Alles, was ihm die große, geheimnisvolle Schöpferkraft noch nicht offenbarte, hat der Frühmensch mit Verehrung betrachtet und daraus Impulskräfte freisetzen können, die aus dem unbewußten Gefühlsgehirn das Wachstum des Großhirns ermöglichten, das wiederum Bewusstseinserweiterung leisten konnte.
Nach mehr als 500 Jahrtausenden menschlicher Existenz haben wir die Leistung zur „Notwende“ ganz anders zu erbringen, aber – so scheint es – es sind immer noch die gleichen Antriebskräfte, in uns und mit uns tätig, nämlich:
Kenntnis zur Erkenntnis,
Beobachtung zur Vorstellung,
Lebenskraft zur Schöpferkraft umzugestalten = Außen- und Innenwelt in den Einklang zu bringen.
Das Denken haben wir als das Ordnen von Vorstellungsbildern begriffen und das, was sich in der Scheitelregion des Menschen vollzieht, ist für die Vorstellungsbilder, die sich fein und differenziert bilden, aus den sensibelsten, inneren Anstößen des Gemüts, des Gefühls, gewachsen.
Die Zusammenhänge werden durch die Leistungen des Mittelhirns deutlich.
In der Scheitelzone sind die Aktivitäten des Gehirns, die mit den dort bezeichneten Arealen übereinstimmen.
Ein Mensch also, der ein feines, hochgewölbtes Oberhaupt hat, dessen höchste Höhe in der Scheitelzone liegt, der dazu noch einen entsprechenden Augenausdruck hat und eine feine Haut, ist immer wieder mit der Klärung der Fragen nach Gott und der Welt befasst und begreift sich als ein damit befasstes Wesen.
Wie kann man das verstehen ?
Die Fragen nach dem Sinn des Daseins werden hier erwogen und führen bei einer entsprechenden Ausprägung des Oberkopfes zum Urvertrauen in das Dasein.
Es wird erkannt, dass das Universum nicht selbstverständlich ist, sondern einen Grund hat, einen Quell des Daseins und Lebens, aus dem alles hervorgeht, eine Kraft, die alles durchwaltet und die hoffen und glauben lässt, dass das Ganze letztlich einen Sinn hat. Daraus wächst das Urvertrauen zum Dasein und zum Gang der Geschichte, in dem sich das Individuum eingebunden erfährt.
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(Fortsetzung in der aktuellen Ausgabe von Praktische Psycho-Physiognomik nach Carl Huter)
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